Die Verkehrssituation im Kreis Olpe stellt sich ganz ähnlich dar wie im Nachbarkreis Siegen-Wittgenstein. Kein Wunder: Um beide Kreise kümmern sich die selben Verantwortlichen der Deutschen Bahn, und beide Kreise bilden die Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd. Genau dieses beweist, daß die Parteicouleur vor Ort kaum einen Unterschied macht. Denn genau wie im „roten“ SI-Kreis ist im „schwarzen“ OE vieles zu verbessern. Dabei können die Olper nicht einmal auf die modernen Ansätze der VWS wie beispielsweise die City-Karte zurückgreifen. Denn diese gilt schließlich nur in der Stadt Siegen selbst. Wer im Kreis Olpe eine Netzfahrkarte haben möchte, dem bleibt nur der Weg, sich bei der Uni Siegen einzuschreiben, um das Semesterticket zu erhalten.
Was die Eisenbahn angeht, kann der Kreis Olpe auf eine stolze Vergangenheit zurückweisen. Da führten Bahnlinien von Betzdorf nach Olpe weiter über Drolshagen bis nach Dieringhausen, von Olpe über Attendorn nach Finnentrop an die Ruhr-Sieg-Strecke heran, von Attendorn nach Meschede-Wennemen, von Kirchhundem nach Erndtebrück und von Altenhundem bis nach Schmallenberg. Doch – wen wundert’s – diese Strecken sind fast alle nur noch Geschichte. Zwar partizipiert der Kreis in Finnentrop, Altenhundem und mehreren kleinen Haltepunkten vom dichten Zugverkehr auf der Ruhr-Sieg-Strecke, doch von den Nebenbahnen ist nur noch die Sackstrecke von Finnentrop über Attendorn nach Olpe übrig. Zwar liegen die Gleise noch bis Dieringhausen in die eine und bis Rothemühle in die andere Richtung, doch der Güterverkehr, den die Bundesbahn bis zum letzten Jahr dort transportierte, rollt nun auch auf der Straße. In beiden Fällen kümmern sich „Runde Tische“ um den Streckenerhalt, auch der Kreistag hat sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, den Personenverkehr zwischen Olpe und Dieringhausen wieder aufzunehmen. Doch was 1996 aus diesen Plänen wird, wenn es heißt, Mittel dafür bereitzustellen, das steht in den Sternen. Manche munkeln sogar davon, daß auch die Strecke Olpe-Finnentrop wegen der teuren Brücken und Tunnel entlang der Biggetalsperre ab 1996 keine Chance haben würde.
In Details ist der Kreis Olpe dem Kreis Siegen-Wittgenstein allerdings voraus. Beispielsweise existiert in der Gemeinde Wenden ein Radwegenetz, das diesen Namen tatsächlich verdient hat. Zwar tun sich auch hier noch Lücken und einige Ungereimtheiten auf, doch kann der Radfahrer weitgehend gefahrlos quer durch die Gemeinde radeln. Das beweisen auch zahlreiche SI-Autos, die auf dem Dach Radträger befestigt haben und vorzugsweise am Wochenende die Einfahrt des Radwegs in Gerlingen zuparken… Auch industriell hat der Kreis Olpe viel mit dem Verkehr zu tun. Im Ostkreis rund um Attendorn und Finnentrop, aber auch in Olpe und Drolshagen, sitzen viele Automobilzulieferer. Häufig vergessen wird aber, daß auch viele, viele Arbeitsplätze von der Bahn abhängen, und daß einer der größten deutschen Markenfahrradhersteller in Wenden beheimatet ist, der kürzlich bei einem Fahrrad-Sicherheitstest des „Stern“ als einer von drei Produzenten als Sieger hervorging, hat mancher offenbar noch nie gehört. Schon eine Kommune weiter als Wenden findet sich der Radfahrer in einer anderen Welt wieder. Denn ab Saßmicke geht gefahrlos gar nichts mehr. Seit Jahren fordern Radfahrer, daß die Bundesstraße zwischen Saßmicke und Olpe mit einem Radstreifen versehen wird. Alternativ könnten zwei angrenzende Industriegebiete durch einen kurzen Radweg verbunden werden. Doch Stadt Olpe und Westfälisches Straßenbauamt lassen auf sich warten. Kürzlich protestierten, unterstützt von der CDU in Dahl/Friedrichsthal, zahlreiche Radfahrerinnen und Radfahrer bei der Stadt Olpe gegen dieses Manko. Zunächst kam daraufhin ein positiver Bescheid aus Münster, doch der Stadtdirektor von Olpe hat inzwischen Zweifel angemeldet: Trotz der Zusage seien die nötigen Mittel nicht im Haushalt des Landschaftsverbands eingeplant.
In Olpe selbst sind immerhin Ansätze zu erkennen. Im Zuge der Innenstadt-Umgestaltung wurden zwar Radwege bzw. -streifen angelegt, doch enden diese abrupt dort, wo die Bauarbeiten aufhörten. Und daß abbiegende Autofahrer die Radstreifen überqueren müssen, wird bei der Stadtverwaltung nur als Schönheitsfehler angesehen.
Archiv für den Monat: September 1996
Russisches Roulette am Autobahnzubringer Eiserfeld
Nach dem schweren Unfall vor zwei Monaten machte sich der Verkehrsclub Deutschland Gedanken für eine bessere Lösung der LKW-Notfallspur an der Autobahnzufahrt Eiserfeld. Achim Walder, Vorsitzender des VCD, hält diese Einrichtung sogar für sehr gefährlich. Außerdem meint er: ‚Eine Notfallspur, die in diesen Fällen von LKWs nicht benutzt wird, ist eine millionenteure Fehlplanung!‘ Eine solche Spur muß so geplant und gebaut sein, daß sie bei überhöhter Geschwindigkeit zwangsläufig befahren werden muß, dem Fahrer darf die Entscheidung für oder gegen eine Benutzung nicht aufgebürdet werden. Es wurden auch Gespräche mit Speditionen und Fahrern geführt, in denen deutlich wurde, daß die Spediteure ihre Fahrer auf Notfallspuren wohl hinweisen, die Frage, wer die dann anfallenden Kosten für Bergung und Reparatur des Fahrzeugs zu tragen hat, jedoch nicht geklärt ist.
Am Autobahnzubringer in Eiserfeld liegen Normal- und Notfallspur nebeneinander. Stellt ein Fahrer während der Talfahrt fest, daß die Bremsen nicht richtig funktionieren, muß er innerhalb Sekundenbruchteilen entscheiden, nach rechts auf die Notfallspur abzubiegen oder geradeaus weiterzufahren. Dabei kennt er die Beschaffenheit dieser Notfallspur nicht, die auch nur auf Schildern in deutscher Sprache angekündigt wird. Seine Gedanken werden sich überschlagen: Vielleicht greifen die Bremsen gleich wieder? – Wie komme ich da wieder raus? – Wird der Lkw beschädigt? – Die Kurve müßte ich eigentlich noch kriegen! – Die Sekunden vergehen, die Notfallspur bleibt rechts liegen , der Laster rast auf die Kreuzung zu — 19 Tonnen Bananen liegen zermatscht auf der Straße, ein Wunder, daß nicht mehr geschah!.
In Herborn wurde nach dem katastrophalen Unfall, bei dem ein Tankwagen ungebremst in die Stadt raste und explodierte, zuerst eine ähnliche Notfallspur gebaut. Sie wurde nur selten angenommen. Nach einer weiteren gefährlichen LKW-Fahrt ins Stadtzentrum, die zum Glück glimpflich abging, wurden entscheidende bauliche Veränderungen vorgenommen. Heute ist es nicht mehr möglich, mit defekten Bremsen nach Herborn hineinzufahren. In die Zufahrt wurde, wie auf dem Foto zu sehen, eine Schikane eingebaut, die nur mit 30 km/h passierbar ist. Schnellere Fahrzeuge werden automatisch in die Notfallspur gelenkt. Während ihrer Besichtigung konnten die VCD-Mitglieder sogar Pkws beobachten, die mit quietschenden Reifen auf diese Spur zufuhren, dann zurücksetzten und langsam die S-Kurve passierten, um nach Herborn zu gelangen. Mit defekten Bremsen ist der Weg ins Kiesbett zwangsläufig. Nur so erfüllt diese Einrichtung ihren Zweck und schützt die Bevöl- kerung vor schlimmen, nicht absehbaren Folgen.
Der VCD-Kreisverband fordert die zuständigen Behörden, das Westfälische Autobahn- bauamt in Hamm und den Westfälischen Landschaftsverband in Münster, auf, unverzüglich den Umbau der Siegener Notfallspur nach Herborner Muster zu beginnen, damit nicht beim nächsten, zeitlich nicht kalkulierbaren Bremsendefekt anstatt 19 Tonnen Bananen vielleicht ein Schulbus mit 19 Kindern die verheerenen Folgen zu spüren bekommt. Den derzeitigen Zustand kann der VCD nur als ‚Russisches Roulette‘ mit den Leben aller Verkehrs- teilnehmer auf der Siegtalstraße bezeichnen. Muß es erst zu einem weiteren schweren Unfall, womöglich mit Todesfolge, kommen, bevor etwas getan wird?
Im Kreisgebiet gibt es weitere gefährliche Gefällstrecken hinein in Ortsmitten, z.B. in Krombach aus Richtung Olpe, in Oberhees aus Richtung Hünsborn, in Dreis-Tiefenbach aus Richtung Waldsiedlung, in Büschergrund aus Richtung Autobahnabfahrt Freudenberg, für die der VCD ebenfalls bauliche Maßnahmen zur effektiven Geschwindigkeitsreduzierung und damit zum Schutz der Anwohner und aller Verkehrsteilnehmer fordert.
VCD befragte Reisende an Bahnhöfen in Südwestfalen
In den letzten Monaten befragten die Mitglieder des Verkehrsclub Deutschland ca. 400 Reisende zum Zustand der Bahnhöfe in Südwestfalen. Dabei traten erschreckende Zustände zu Tage. Die schlechteste Bewertung erhielt der Bahnhof Niederdresselndorf in der Gemeinde Burbach. ‚Wenn man nicht wüßte, daß man im Siegerland ist, könnte man meinen, man wäre an der Front in Jugoslawien‘, äußerte ein Fahrgast. ‚Selbst den Nichtseßhaften ist dieser Bahnhof nicht mehr wohnlich genug!‘ Dieser Bahnhof ist eine Ruine, und das schon seit langem. Er muß dringend durch eine neue Wartehalle ersetzt werden, fordert der VCD. Einen weiteren Negativ-Kandidaten findet man in Erndtebrück. Seitdem die Schalterhalle nicht mehr beaufsichtigt werde, wandle sich die Halle zu einer öffentlichen Bedürfnisanstalt, so Susanne Bald aus Erndtebrück, die den Bahnhof oft durchqueren muß, wenn sie mit den Zug nach Siegen fährt. ‚Es ist schon eine Zumutung der Deutschen Bahn AG, wenn man abends durch den Bahnhof muß, und dann die Männer an der Wand stehen und pinkeln. In der letzten Woche lag ein Haufen mehrere Tage in der Schalterhalle und stank so vor sich hin! Wenn das so weitergeht, ist die Schalterhalle bald das größte Klo in Wittgenstein.‘ Der VCD schlägt vor, Unterführung und Schalterhalle sofort zu schließen und eine kurze Verbindung zum Busbahnhof über die Gleise anzulegen, die zum Teil schon vorhanden ist. ‚Die zwei Züge pro Stunde können kein Risiko darstellen, da die DB AG gleichartige Überwege zuläßt, an denen IC- und ICE-Züge mit größerer Häufigkeit fahren‘, meint Achim Walder vom VCD Siegen-Wittgenstein.
‚Im Stadtgebiet Siegen ist die Unterführung zum Bahnhof Geisweid kurz vor dem Einsturz‘ meinen die Reisenden, die den Bahnhof täglich benutzen. Die losen Ziegelsteine wurden von der DB-AG kurzfristig wieder befestigt und verputzt. Seit einem Jahr fällt verstärkt der Putz von der Decke. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der erste Reisende getroffen wird. Seit Jahren ist die Bahnunterführung zu den Bahnsteigen in Geisweid ein Schandfleck der Deutschen Bahn. Es stinkt wie ein Pissoir, und überall liegt Abfall herum. In den letzten Jahren ist hier auch kein Maler mehr vorbeigekommen. Nach starken Regenfällen steht das Wasser zentimeterhoch in der Unterführung. Es tropft von der Decke.
Eine andere Reisende aus Geisweid meinte: ‚Bei der Unterführung hat man den Eindruck, daß der letzte Krieg gerade erst zu Ende ist und der Bummelzug gleich von einer Dampflok gezogen wird! Für Reisende ist es unverständlich, daß man zuerst die Unterführung nach Krupp benutzen muß und dann den Eingang zur Unterführung zum Bahnsteig erst um die Ecke suchen muß. Es ist ein nach Klo stinkendes Labyrinth!‘ Warum nach Attendorn fahren? – Hier hängen auch Tropfsteine von der Decke.
(Warum heißt eigendlich der Bahnhof noch Hüttental-Geisweid, schließlich ist der Stern der Stadt Hüttental schon vor mehr als 20 Jahren erloschen!)
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert den sofortigen Umbau und eine direkte Verbindung des Bahnsteigs mit der Unterführung, die Geisweid mit dem Krupp-Werkseingang verbindet. Nachdem das alte Stellwerk überflüssig geworden ist, wäre durch einfache Maßnahmen eine Verbindung möglich.
‚Dieser Bahnsteigzugang paßt nicht zu einem modernen Nahverkehrsunternehmen,‘ kritisiert Achim Walder, ‚die Fahrgäste werden durch solche Unterführungen abgeschreckt. Der Bahnkunde braucht nicht nur moderne Fahrzeuge wie den RothaarExpress, auch die Bahnhöfe müssen seinen Bedürfnissen entsprechen. In der Dunkelheit wird diese Unterführung schnell zu einem Angstraum für Frauen: Die Zuwege sind unübersichtlich und verwinkelt.‘
Geisweid, Erndtebrück und Niederdresselndorf sind jedoch nicht die einzigen Bahnhöfe oder Haltepunkte in Südwestfalen, die eine Renovierung dringend benötigen, wie die Untersuchung und Befragung der Fahrgäste ergeben hat.
Bemängelt wurde auch, daß es in Siegen-Wittgenstein an keinem Bahnhof moderne Windschutzeinrichtungen aus Glas gibt, wie z.B. in Finnentrop oder Altenhundem. Die Beton- oder Blechhütten werden immer mehr zu Bedürfnisanstalten, wovon sich jeder mit seiner Nase überzeugen kann. Auch wurden Fahrradschieberillen vermißt, in denen das Fahrrad ohne großen Kraftaufwand auf den Bahnhof geschoben werden kann. ‚Die Mitnahme des Fahrrads ist im RothaarExpress im Sommer kostenlos, bloß, wie bekommt man das Fahrrad auf den Bahnsteig?‘ fragte eine ältere Frau.
Die wichtigen Bahnhöfe in Südwestfalen müssen auch für Rollstuhlfahrer zugänglich gemacht werden. Rollstuhlfahrer können kostenlos die Bahn benutzen, jedoch kommen sie meist erst gar nicht auf den Bahnsteig.
An der Bahnstrecke nach Hilchenbach liegen zwei Bahnhöfe, die die Nasen der Fahrgäste arg strapazieren. Diese Bahnhöfe werden von einem ortsansässigen Rohstoffunternehmen mit Gelben Säcken überhäuft. Sobald im Sommer die Sonne scheint, kommt es, wie die Reisenden berichten, zu starken Geruchsbelästigungen. Der Bahnhof Allenbach wird durch eine Gastwirtschaft genutzt. Leider besteht heute keine Möglichkeit mehr, direkt zum Bahnsteig zu gelangen. Es muß ein Umweg um das ganze Gebäude gemacht werden. Frauen fühlen sich hier sehr unwohl. ‚Wenn man hier um Hilfe ruft, wird einen keiner hören‘, äußerte eine ältere Frau.
Der VCD weiß, daß Fahrgäste die Deutsche Bahn AG als ein Unternehmen ansehen, auch wenn es sich inzwischen um die Geschäftsbereiche Personenbahnhöfe, Netz und Nahverkehr handelt. Für den gezahlten Fahrpreis wird eine entsprechende Gegenleistung erwartet. Nahverkehr beginnt bereits auf dem Bahnsteig und den Zugängen dorthin. Bahnhöfe und Haltepunkte müssen auch in der Region Siegen-Wittgenstein sauber und ansprechend sein, damit die Fahrgäste und besonders Frauen nicht schon am Zugang abgeschreckt werden.
Ein gutes Beispiel zum Abschluß: Das Land Rheinland-Pfalz wird in unserer Region den Bahnhof Wissen nach neuen Erkenntnissen zu einem modernen Bahnhof mit Dienstleistungszentrum umbauen (Die tun was in Rheinland-Pfalz!).
Anmerkung des VCD: Die Unterführung Geisweid wurde inzwischen Renoviert