Bahnstrecken sind ebenso wie Straßen wertvolle Infrastruktur, die es grundsätzlich zu erhalten gilt. Deren Wirkung als harter Standortfaktor wird immer wieder betont.
Den einschlägigen Prognosen nach ist in den nächsten Jahrzehnten mit einem drastisch anwachsenden Verkehr mit Personen und Gütern zu rechnen. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist langwierig und teuer. Selbst kleinere und politisch unumstrittene Ortsumfahrungen sind nur innerhalb eines Jahrzehnte dauernden Horizontes zu realisieren. Gleichzeitig reichen die vorhandenen Mittel nicht dafür aus, das vorhandenen Straßennetz in einem wünschenswerten Zustand zu erhalten.
Dieses Dilemma macht es erforderlich, Alternativen auszubauen oder zumindest als Rückfallebene vorzuhalten. Die Bahnstrecke Olpe – Dieringhausen ist eine solch wertvolle Verkehrsinfrastruktur, die zudem im gleichen Korridor wie eine hochbelastete Autobahn verläuft. Will man diese Option offenhalten, so muss die Trasse der Bahnstrecke weiterhin erhalten bleiben. Dabei geht es weniger um die Gleise oder einzelne Bauwerke. Diese können erneuert werden. Wenn jedoch einzelne Stücke der Trasse verkauft oder gar überbaut worden sind, steht die Alternative nicht mehr zur Verfügung.
Der am 31.12.2001 auslaufende Trassensicherungsvertrag NRW führt zu unbedingtem Handlungsbedarf.
Die im Raum stehenden Kosten für eine Reaktivierung der Strecke sind nach Einschätzung des VCD drastisch überhöht. Ein „Daumenwert“ ist eine Millionen DM je km für eine vollständige Erneuerung des Oberbaus. Die im ÖPNV-Bedarfsplan veranschlagten 154 Millionen DM erscheinen um Faktor 5 bis 15 überhöht zu sein. Vermutlich geschah dieses um das Ungleichgewicht in der Mittelzuweisung zwischen Ballungsgebiet und ländlichem Raum zu kaschieren. Ein km U-Bahn kostet zwischen 80 und 200 Millionen DM.
Durch ihre Aufnahme in den weiteren Bedarf des ÖPNV-Bedarfsplan NRW hat diese Strecke eine finanzielle Perspektive. Vom Grundsatz her stehen Landesmittel für eine Ertüchtigung der Strecke zur Verfügung.
Bei einer integrierten Gesamtbetrachtung der Strecke in einem südwestfälsichen und oberbergischen Eisenbahnnetz können sich beim Betrieb der Strecke wertvolle Synergien ergeben. Die Triebwagen des Biggesee-Expresses haben heute eine Standzeit von 36 Minuten in Finnentrop und von 19 Minuten in Olpe. Bei einer Durchbindung der Strecke z.B. bis Dieringhausen oder Wiehl kann es sich ergeben, dass diese Standzeiten reduziert werden und daraus eine für beide Strecken höhere Wirtschaftlichkeit resultiert.
Im Zuge der nicht unwahrscheinliche baldige Reaktivierung des Abschnitts Dieringhausen – Bergneustadt macht es Sinn, die Option auf eine Fortführung bis Olpe offen zu halten. Bei einer großen Paketlösung (z.B. auch mit der Strecke Gummersbach – Brügge) sind alle Investitionen geringer und es könnte ein Vorzeigenetz im SPNV, im Tourismusverkehr und im Güterverkehr entstehen.
Durch kürzere Fahrzeiten und höheren Fahrkomfort ergibt sich ein deutlich attraktiveres Angebot wie es die heutige Linie 301 der OVAG darstellt. Dadurch können neue Fahrgastgruppen erschlossen werden. Vor allem die Anbindung nach Köln wird durch die Strecke nach Dieringhausen deutlich aufgewertet. Auf den bisher reaktivierten Bahnstrecken sind die Fahrgastzahlen stets deutlich angestiegen. Beispiele für nicht erfolgreiche Reaktivierungen gibt es nicht.
Es mag sein, dass die ökologischen Zwänge, die zu einem Umdenken bei Bahn und Politik führen, heute noch nicht groß genug sind, aber es bedarf keiner prophetischen Gaben, um diesen Zeitpunkt mit Sicherheit kommen zu sehen. Wie aber stehen wir dann in Drolshagen, Olpe, Wenden, Attendorn da, wenn Bahnfahren für alle Welt wieder attraktiv geworden ist, der Kreis Olpe seine Anbindung an die Schiene aber verloren hat?
Man sollte meinen, die Option für den Erhalt der Bahntrasse sei für jeden hiesigen Kommunalpolitiker selbstverständlich. Statt dessen besteht die Neigung, die Strecke aufzugeben – zugunsten höchst privater Interessen, insbesondere um anliegenden Firmen zu gestatten, ihr Betriebsgelände zu erweitern. Die Kosten des Lkw-Transports verteuern sich kontinuierlich. Es ist abzusehen, das sich aus einen fehlenden Bahnanschluss für das produzierende oder verarbeitende Gewerbe zukünftig schwere Standortnachteile ergeben können.
Die Argumente für diese Ausverkaufsneigung sind:
- Die Strecke Olpe-Dieringhausen liege lange genug brach, nun müsse endlich darüber entschieden werden.
- Für unseren ländlichen Raum sei die Bahn ohnehin unpraktisch. Aus Iseringhausen oder Dumicke werde man sowieso mit dem Auto anfahren.
- Vor allen Dingen sei kein Geld in Aussicht, die Strecke wieder zu beleben.
- Wo aber kein Geld sei, laufe auch nichts.
Dazu ist zu sagen, dass ein ÖPNV-Gesetz für die gesetzliche Neuorganisation des Regionalverkehrs in Nordrhein-Westfalen verantwortlich ist. Die Mittel, die der Bund an die Bahn AG für die Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs (2/3 für die Infrastruktur, 1/3 für Fahrzeuge) in den nächsten Jahren zahlen wird, geben den Auftakt für ein neues Nahverkehrskonzept der Bahn. Selbst wenn auf zwanzig Jahre hin keine Besserung der bisherigen Verhältnisse in Sicht käme, wäre es immer noch eine Kurzsichtigkeit ohne gleichen, die vorhandene Trasse zu verhökern. Einmal aufgegeben, ist die Bahnstrecke Olpe-Dieringhausen endgültig verloren. Von Menschen, die mit politischer Verantwortung betraut sind, muss man erwarten können, dass sie über ihren Tellerrand hinausschauen können, um für die Zukunft alle Möglichkeiten für einen Anschluss an das regionale Eisenbahnnetz offen zuhalten.
Seit 1995 hat die Deutsche Bahn AG Netz die Strecke Gummersbach-Bergneustadt angeboten, die Übernahmefrist läuft zum 1. September aus. Danach kann die DB AG Netz beim Eisenbahn- Bundesamt einen Antrag auf Stillegung stellen. Dennoch ist für die Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) GmbH, die die Strecke übernehmen und mit dem Förderkreis zur Rettung der Wiehltalbahn betreiben möchte, der Zug noch nicht abgefahren. „Ein Stillegungsverfahren würde bei Übernahme der Strecke sofort eingestellt“, sagte RSE-Geschäftsführer Rainer Bohnet auf Anfrage. In den bisher „sehr konstruktiven“ Gesprächen mit der DB AG Netz habe man das Konzept vorgestellt, die Strecke Gummersbach-Dieringhausen mit der Strecke Osberghausen-Wiehl im Paket zu bedienen.