Russisches Roulette am Autobahnzubringer Eiserfeld

Nach dem schweren Unfall vor zwei Monaten machte sich der Verkehrsclub Deutschland Gedanken für eine bessere Lösung der LKW-Notfallspur an der Autobahnzufahrt Eiserfeld. Achim Walder, Vorsitzender des VCD, hält diese Einrichtung sogar für sehr gefährlich. Außerdem meint er: ‚Eine Notfallspur, die in diesen Fällen von LKWs nicht benutzt wird, ist eine millionenteure Fehlplanung!‘ Eine solche Spur muß so geplant und gebaut sein, daß sie bei überhöhter Geschwindigkeit zwangsläufig befahren werden muß, dem Fahrer darf die Entscheidung für oder gegen eine Benutzung nicht aufgebürdet werden. Es wurden auch Gespräche mit Speditionen und Fahrern geführt, in denen deutlich wurde, daß die Spediteure ihre Fahrer auf Notfallspuren wohl hinweisen, die Frage, wer die dann anfallenden Kosten für Bergung und Reparatur des Fahrzeugs zu tragen hat, jedoch nicht geklärt ist.
Am Autobahnzubringer in Eiserfeld liegen Normal- und Notfallspur nebeneinander. Stellt ein Fahrer während der Talfahrt fest, daß die Bremsen nicht richtig funktionieren, muß er innerhalb Sekundenbruchteilen entscheiden, nach rechts auf die Notfallspur abzubiegen oder geradeaus weiterzufahren. Dabei kennt er die Beschaffenheit dieser Notfallspur nicht, die auch nur auf Schildern in deutscher Sprache angekündigt wird. Seine Gedanken werden sich überschlagen: Vielleicht greifen die Bremsen gleich wieder? – Wie komme ich da wieder raus? – Wird der Lkw beschädigt? – Die Kurve müßte ich eigentlich noch kriegen! – Die Sekunden vergehen, die Notfallspur bleibt rechts liegen , der Laster rast auf die Kreuzung zu — 19 Tonnen Bananen liegen zermatscht auf der Straße, ein Wunder, daß nicht mehr geschah!.
In Herborn wurde nach dem katastrophalen Unfall, bei dem ein Tankwagen ungebremst in die Stadt raste und explodierte, zuerst eine ähnliche Notfallspur gebaut. Sie wurde nur selten angenommen. Nach einer weiteren gefährlichen LKW-Fahrt ins Stadtzentrum, die zum Glück glimpflich abging, wurden entscheidende bauliche Veränderungen vorgenommen. Heute ist es nicht mehr möglich, mit defekten Bremsen nach Herborn hineinzufahren. In die Zufahrt wurde, wie auf dem Foto zu sehen, eine Schikane eingebaut, die nur mit 30 km/h passierbar ist. Schnellere Fahrzeuge werden automatisch in die Notfallspur gelenkt. Während ihrer Besichtigung konnten die VCD-Mitglieder sogar Pkws beobachten, die mit quietschenden Reifen auf diese Spur zufuhren, dann zurücksetzten und langsam die S-Kurve passierten, um nach Herborn zu gelangen. Mit defekten Bremsen ist der Weg ins Kiesbett zwangsläufig. Nur so erfüllt diese Einrichtung ihren Zweck und schützt die Bevöl- kerung vor schlimmen, nicht absehbaren Folgen.
Der VCD-Kreisverband fordert die zuständigen Behörden, das Westfälische Autobahn- bauamt in Hamm und den Westfälischen Landschaftsverband in Münster, auf, unverzüglich den Umbau der Siegener Notfallspur nach Herborner Muster zu beginnen, damit nicht beim nächsten, zeitlich nicht kalkulierbaren Bremsendefekt anstatt 19 Tonnen Bananen vielleicht ein Schulbus mit 19 Kindern die verheerenen Folgen zu spüren bekommt. Den derzeitigen Zustand kann der VCD nur als ‚Russisches Roulette‘ mit den Leben aller Verkehrs- teilnehmer auf der Siegtalstraße bezeichnen. Muß es erst zu einem weiteren schweren Unfall, womöglich mit Todesfolge, kommen, bevor etwas getan wird?
Im Kreisgebiet gibt es weitere gefährliche Gefällstrecken hinein in Ortsmitten, z.B. in Krombach aus Richtung Olpe, in Oberhees aus Richtung Hünsborn, in Dreis-Tiefenbach aus Richtung Waldsiedlung, in Büschergrund aus Richtung Autobahnabfahrt Freudenberg, für die der VCD ebenfalls bauliche Maßnahmen zur effektiven Geschwindigkeitsreduzierung und damit zum Schutz der Anwohner und aller Verkehrsteilnehmer fordert.