Stellungnahme VCD NRW – BVWP 2030

Der VCD nimmt die offiziellen Ziele der Bundesverkehrswegeplanung ernst: Vorrang für Erhalt (Substanzerhalt), Vorrang für hohe Gesamtnetzwirkung, integrierte verkehrsmittelübergreifende Planung, Vermeidung von hohem Flächenverbrauch und Zerschneidungswirkungen (insbes. für besonders wertvolle Naturflächen), Beitrag zur Erreichung der Klima- und Luftqualitätsziele, merkliche Lärmminderung.
Als positiv .wertet der VCD NRW die verstärkte Verteilung der Mittel nach Bedarf und die Berücksichtigung der Beseitigung von Engpässen, angesichts der Probleme ist dies aber immer noch zu wenig: So braucht es etwa mehr Mittel für den Ausbau der Bahnknoten.
Als positiv wertet der VCD NRW den verstärkten Erhalt vor Neubau, aber die Verteilung der Mittel ist nicht festgelegt, so dass die tatsächlichen Ausgaben am Ende ganz anders aussehen können, wenn Prioritäten politisch doch wieder zugunsten Neubau gesetzt werden.
Offensichtlich werden aber die Umweltziele vom Planentwurf nicht erreicht, wie die Stellungnahme des Umweltbundesamtes belegt: „Der Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes (BVWP) verfehlt elf der zwölf im eigenen Umweltbericht gesetzten Ziele.“ Die CO2-Entwicklung durch den BVWP passt nicht zu den Klimazielen der Bundesregierung, der Flächenverbrauch liegt weit über dem vom Bund selbst vorgegebenen Maß. Wir sind erstaunt, dass die Umweltfachbehörden anscheinend nicht in die Erarbeitung des Entwurfs ausreichend einbezogen wurden. Der VCD kann die fachlichen Feststellungen des UBA zur Nichterreichung der Umweltziele nur wiederholen.
Eine zielorientierte Bundesverkehrswegeplanung müsste Umwelt- und Verkehrsziele vorgeben,  Verkehrsverlagerungen und –reduzierungen anstreben, Straße und Schiene gemeinsam in Korridoren planen, sich auf überregionale Korridore konzentrieren, ein Gesamt-Mobilitätskonzept entwickeln und umsetzen. Ansätze hierzu sind in der Grundkonzeption zum BVWP vorhanden, siehe auch Szenario 3. In der realen Projektbewertung spielen diese Überlegungen dann allerdings offenbar keine Rolle.
Grundsätzlich hat der Ausbau von Straßen mit neuen Spuren weniger gravierende Auswirkungen auf die Umwelt als ein Neubau. Allerdings ist zweifelhaft, ob so die globalen Umwelt- und Verkehrsziele erreicht werden können. Es  stellt sich die Frage, ob globale Klimaprogramme und lokale Luftreinhaltepläne, Verkehrsverlagerungen zur Schiene, Telematik-Anwendungen zur besseren Ausnutzung der vorhandenen Straßen und Fahrspuren(Optimierung des Routings, automatisches Konvoi-Fahren), Reduzierung im individuellen Personenfernverkehr durch E-Mobilität, Änderungen bei Steuern und Abgaben im Verkehrssektor (Maut / Trassenpreise, Klimaabgaben / Emissionshandel,..) neue Fahrspuren überflüssig machen können. Für uns ist nicht erkennbar, dass diese zu erwartenden und zu verstärkenden Trends in den Bedarfsprognosen ausreichend Berücksichtigung gefunden haben.
Der Entwurf des BVWP enthält allein über 500 Ortsumfahrungen – die im Wesentlichen dem Nah- und Regionalverkehr dienen. Bei der Schiene werden vergleichbare Projekte abgelehnt mit dem Verweis auf die Zuständigkeit der Bundesländer für den SPNV. Der VCD hält diese Ungleichbehandlung für verfehlt. Entweder müssten die meisten Ortsumfahrungen aus dem BVWP herausgenommen werden, oder aber es müssten auch zumindest überregional bedeutsame Schienenprojekte ermöglicht werden, ebenso Radschnellwege. Ortsumfahrungen haben zudem neben einer gewissen Entlastungswirkung in der Orts-Durchfahrt erhebliche negative Umwelt-Auswirkungen auf die unmittelbare Umgebung des Ortes in Bezug auf Flächenverbrauch, Zerschneidung, Lärm. Die CO2-Belastung wird durch den umgeleiteten und durch induzierten Verkehr erhöht, was den deutschen Klimazielen widerspricht. Ortsumfahrungen für wenige Tausend Fahrzeuge pro Tag bzw. allgemein Straßenprojekte, deren Notwendigkeit vor Ort bzw. in der Region gar nicht gesehen wird bzw. die durch andere realisierte Planungen längst überholt sind und aus der Region bzw. Bundesland gar nicht gemeldet wurden, sollten nicht weiter verfolgt werden.
Der VCD NRW sieht eine nicht ausreichende Berücksichtigung von Alternativen: den Ausbau der parallelen Bahnstrecke (die zwar formal zum SPNV gehört – wie auch ein wesentlicher Teil des betrachteten Straßenverkehrs – aber in diesem Fall als Alternative mit zu bewerten ist), innerörtliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung (Temporeduzierung),  Lärmminderung (Flüsterasphalt), Verkehrsmengensteuerung (Pförtnerampeln zur Verlagerung etwaiger Staus auf die Außerortslage). Globale Rahmensetzungen für den Verkehr wie schärfere Umweltgrenzwerte für Kfz, Straßenbenutzungsgebühren und Klimaabgaben, steuerliche Entlastung und Reduzierung von Trassenpreisen für den Schienenverkehrs (Angleichung der Wettbewerbsbedingungen) u.a. sind flankierend nötig, um ausreichende lokale Entlastungen in der Ortslage wie auch das Erreichen der Globalziele zu gewährleisten.
Als völlig indiskutabel sieht der VCD NRW, dass im krassen Widerspruch zu allen jahrelangen und umfangreichen Debatten und Beteiligungsprozessen um Klimaschutz und Nachhaltigkeit die Mittelverteilung nach dem Szenario „Status Quo“ erfolgen soll. Wenn das so umgesetzt würde, würde entgegen allen propagierten Klimaschutzzielen die verfehlte Priorität für weiteren Straßenbau fortgesetzt. Der VCD NRW fordert daher mindestens eine Mittelverteilung nach dem Szenario 3, was auch noch rund 40 % für die Straße, aber immerhin gut 60 % für Schiene und Wasserstraße zur Folge hätte.