VCD zur Infrastruktur NRW

Offener Brief des VCD zum Bündnis für Infrastruktur NRW

Sehr geehrte Herren Minister für Bauen und Verkehr, für Finanzen und für Wirtschaft und Energie des Landes NRW,
der Verkehrsclub Deutschland (VCD) wird bewusst nicht am NRW-„Bündnis für Infrastruktur“ teilnehmen. Grundsätzlich bedauern auch wir Verzögerungen von wichtigen Verkehrsprojekten und sind auch der Meinung, dass fallweise die öffentlichen Interessen schwerer wiegen müssen als die Wünsche der Anwohner, aber:

  • meistens sind es nicht die Bürger, die die Verzögerung zu verantworten haben, sondern Planungsprozesse und Haushaltsfragen (s. etwa RRX).
  • die berechtigten Interessen der betroffenen Bürger vor Ort werden nur ernst genommen, wenn sie laut genug artikuliert werden,
  • ist es durchaus wichtig, wenn Politik und Verwaltung sich immer wieder fragen lassen müssen, ob Projekte notwendig und mit den Landeszielen vereinbar sind – offizielle Bedarfsberechnungen und Varianten-Begründungen sind nicht selten zweifelhaft.

Erinnern Sie sich noch, wie die Experten meinten, wir müssten das Land mit Atomkraftwerken zubauen („sonst gehen die Lichter aus“) oder mit Müllverbrennungsanlagen („sonst ersticken wir im Müll“)? Und heute sind wir froh, dass wir es nicht gemacht haben, nachdem Bürger Widerstand geleistet hatten. Vielleicht ist es im Verkehr ähnlich. Infrastrukturausbau ist kein Wert an sich. Brauchen wir wirklich eine Kapazitätsausweitung am Flughafen Düsseldorf und noch mehr Billigflieger? Werden regional orientierte Elektromobilität, automatisches Konvoi-Fahren , klimaschutzbedingte Mautregelungen, zielbewusstes Mobilitäts- und Logistikmanagement u.a.m. den Bedarf an neuen Fernstraßenspuren und Ortsumfahrungen reduzieren? Das alles ist grundsätzlich zu diskutieren. Äußerungen von Herrn Minister Groschek über eine „durchgrünte Gesellschaft“ und „Egoisten im Mantel einer Bürgerinitiative“ (auf der Auftaktveranstaltung des Bündnisses im September 2016) sind da wenig hilfreich und fördern eh er Zweifel am ernsthaften Willen zum bürgerschaftlichen Dialog und am ernsthaften Willen zum konsequenten Schutz von Gesundheit, Klima und Luft. Wir erwarten von allen Parteien, gerade auch der SPD, sowie von VertreterInnen aus Wirtschaft und Gewerkschaften statt einer einseitigen Industriepolitik die Orientierung an der von der von der Landesregierung bzw. der Landtagsmehrheit selbst verabschiedeten Umwelt- und Klimaschutzziele. Die bisherigen Vorschläge etwa im Bundesverkehrswegeplan auch für NRW werden diesem Anspruch nicht gerecht. Der VCD NRW beteiligt sich gerne an zielführenden Dialogprozessen, z.B. aktuell zur A 52, soweit diese sich an den genannten Zielen orientieren und echte Alternativen beinhalten.
gez. Iko Tönjes Vorstand des Verkehrsclub Deutschland (VCD), LV NRW