ÖPNV in NRW

Der VCD NRW begrüßt, dass sich der VRR nun auch dem Thema Koordination ÖPNV widmet. Insbesondere unterstützen wir die Zielsetzung, mehr Einnahmen auch durch mehr Fahrgäste und insbesondere Neukunden gewinnen zu wollen (S. 5 bzw. 8). Aus unserer Sicht sollten dann bei den Maßnahmen auch solche genannt werden, die dazu dienen könnten, dieses Ziel zu erreichen (z.B. neue Angebote) anstatt im wesentlichen auf Fahrpreiserhöhungen und Abschmelzen von Rabatten zu verweisen und ansonsten die Hoffnung auf EFM 3 zu setzen. Keinesfalls zustimmen kann der VCD NRW der Aussage: „Der heutige ÖPNV-Markt ist bereits ausgeschöpft“ (S. 7). Bei näherer Betrachtung des Leistungsangebotes vor Ort wird man eine sehr unterschiedliche Marktdurchdringung feststellen, und selbst dort, wo das Angebot von vielen als sehr gut empfunden wird, wird es sicher im einzelnen noch Möglichkeiten für weitere Verbesserungen geben. So zeigt die Erfahrung aus dem Individualisierten Marketing im ÖPNV, dass vielen WenignutzerInnen auch ein gutes ÖPNV-Angebot im Detail nicht bekannt ist und so mancher durch entsprechende Ansprache – das allerdings vorausgesetzt – durchaus noch gewonnen werden kann. Der Satz sollte also gestrichen werden. Bei der Aufzählung der in den nächsten Jahren angestrebten tariflichen Veränderungen (S. 12f) werden fast ausschließlich solche genannt, die zulasten der Fahrgäste gehen (Preiserhöhungen, Abschmelzen von Rabatten). Auch wenn der VCD NRW Verständnis für das Bemühen um mehr Einnahmen der Verkehrsunternehmen hat, sollten dann aber mindestens dem entsprechende Maßnahmen zugunsten der Fahrgäste angestrebt werden, wie weitere Zusatznutzen für Stammkunden (z.B. nur noch ein Zusatzticket für Erweiterung des Geltungsbereichs und Fahrradmitnahme im dann erweiterten Bereich), Einführung von 7 Tage-Tickets etc. Im Kapitel „Vereinfachung von Tarifinformation und Ticketerwerb“ wird einseitig und geradezu euphorisch das Elektronische Fahrgeldmanagement mit obligatorischem Check in – Check out“ (EFM 3) betont. Tatsächlich ist völlig unklar, inwieweit ein solches System insgesamt zu einer Vereinfachung führt, und vor allem: für wen. Sollte es damit verbunden sein, dass man alle NutzerInnen, also auch Stammkunden, dazu nötigt, sich bei jeder einzelnen (Teil-)Fahrt im ÖPNV an- bzw. abzumelden, hätte dies für die große Mehrheit bei der Mehrzahl der Fahrten sogar Verschlechterungen gegenüber heute zur Folge. Dem stünden mögliche Vorteile für eine Minderheit von Gelegenheitskunden gegenüber, gleichzeitig würden aber an anderer Stelle selbst hier neue Hürden aufgebaut, z.B. dadurch, dass man erst eine Chipkarte kaufen muss, um nur eine einzige kurze Strecke mitfahren zu können. Der VCD NRW sieht zudem die Gefahr, dass mit der damit verbundenen Orientierung auf Einzelabrechnung nach dem Vorbild der Telefonrechnung, Rabatte, Differenzierung von Preisen auch innerorts, Tageszeiten etc. die heutige Transparenz des Tarifsystems ohne Not zerstört würde. Erste Berichte aus den Niederlanden hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck. Bislang liegt weder eine Machbarkeitsstudie vor noch gibt es Erkenntnisse aus einem Modellversuch, die weitere Diskussion und Beschlussfassung steht erst an. Vor diesem Hintergrund sollten die vielfältigen bereits jetzt positiv wertenden Formulierungen: „Innovatives Check in-/Check out-System“ (S. 20)“, „senkt die Zugangsbarriere zum System dramatisch (S. 13), „für alle Fahrgäste einfacher und bequemer“ (S. 18, ebf. S. 19), „größere Zufriedenheit“ beim Fahrgast (S. 19); „komplexe Tarife und die Suche nach dem richtigen Ticket gehören dann der Vergangenheit an“ (S. 20) gestrichen bzw. ersetzt werden durch neutrale Beschreibungen des angestrebten Prozesses (Durchführung eines Modellversuches, Auswertung der dann dort und anderswo vorliegenden Erfahrungen, anschließend Beschlussfassung über weiteres Vorgehen) und Einschübe wie „ggf. für Stammkunden fakultativ“ etc. Ausdrücklich unterstützt der VCD NRW die Vorschläge, dass der VRR sich im Einzelfall auch des kommunalen Verkehrs annimmt. Um Besorgnissen in bezug auf die Wahrung der Eigenständigkeit der kommunalen Verkehrsunternehmen zu begegnen, sollte diese Befassung auf Bereiche konzentriert werden, wo ein Zusammenhang mit der Aufgabenträgerschaft des VRR offensichtlich ist: Der VCD sieht dies vor allem bei der im NVP erwähnten Anschlusssicherung zwischen SPNV und ÖSPV sowie bei städteübergreifenden Verbindungen mit schienenähnlichem Charakter (z.B. SB). Beispiel: Mit dem Fahrplanwechsel Jan 2013 hat die Bogestra – offenbar aus Erfahrungen mit dem innerstädtischen Verkehrsgeschehen – die Fahrzeiten der Buslinie 345 werktags tagsüber verlängert. Folge: Die Ankunft bzw. Abfahrt am wichtigen Knotenpunkt Bochum-Dahlhausen liegt jetzt anders als zuvor so, dass man den Anschluss zur S3 Richtung Hattingen gerade verpasst und den Anschluss von der S3 aus
Richtung Essen abends und am Wochenende nur mit hohem Risiko erreichen kann (2 min.) Beispiel: Aufgrund von Kürzungen der Stadt Gelsenkirchen endet die Linie SB 36 (zuvor CE 56) von Bottrop/Gladbeck inzwischen abends und sonntags in Gelsenkirchen-Horst; Fahrgäste mit Ziel Gelsenkirchen Zentrum müssen umsteigen mit der Folge, dass mögliche Anschlüsse am Hbf nicht erreicht werden. Es fehlen im VRR noch einige das SPNV-Netz ergänzende Schnellbus-Verbindungen, z.B. aus dem Kreis Mettmann nach Düsseldorf. Problematisch ist zum einem die Koordinierung der Planung zwischen den Aufgabenträgern, zum anderen vermutlich auch das Umlageverfahren: die Umlage wird nach Betriebsleistungen auf die Gebietskörperschaften verteilt, bei Schnellbussen haben die dazwischen liegenden durchfahrenen Gemeinden, die dann auch zur Kasse gebeten werden, aber nur wenig von dem Verkehr, und auch am Start- oder Zielort hat man u.U. nicht genug Interesse. Hier sollte der VRR die regionalen Verkehrsinteressen vertreten und stärken und ggf. die Finanzierungsregeln modifizieren. Als besonders wichtig sieht der VCD NRW die verkehrsmittelübergreifende Fahrgastinformation in Echtzeit (S. 24); sehr hilfreich wären die genannten Informationsanlagen etwa am Busbahnhof und in UBahn-Ebenen im Hbf über die Abfahrtszeiten der Eisenbahnen. Bei der Mobilitätsgarantie (S. 32) schlägt der VCD NRW als nächsten Schritt die Erweiterung auf die Reisekette vor (z.B. verspätete Ankunft von mehr als 20 min. am Ziel), so dass auch Beeinträchtigungen durch geringere Verspätungen, aber mit ähnlichen Folgen, etwa bei Verpassen nur stündlich verkehrender Anschlüsse, abgedeckt würden. Mittelfristig sollte die Mobilitätsgarantie zu einer echten Serviceleistung weiterentwickelt werden, indem Verspätungs-, Anschluss- und bei Bedarf Alternativrouten-Information sowie Taxibestellung und -abrechnung durch Verbund bzw. ÖPNV-Unternehmen aktiv organisiert werden, ohne dass der Kunde selbst recherchieren und in Vorleistung treten muss.