Zu späte Züge erzeugen nichts als Ärger

Siegener Zeitung – Fahrgastverbände fordern unabhängigen Gutachter, ob die verlängerte Route Bad Berleburg-Betzdorf überhaupt zu halten ist. Unglaublich: RE 9 (mit Doppelstockwagen) aus Köln sammelte bis Siegen 22 Minuten Verspätung an.
mir – Und ewig grüßt das Murmeltier. Nein, nicht ganz, aber zum wiederholten Mal haben gestern die Fahrgastverbände VCD, Pro Bahn und Arbeitskreis Schienenverkehr Alarm geschlagen. Ihre Botschaft: „Die Rothaarbahn muss wieder zuverlässig fahren. Es darf keine weiteren Fahrplan-Experimente mit Schülern und Berufstätigen geben.“ Nicht allein die von der Hessischen Landesbahn befahrene Rothaarbahn steht in der Kritik, gleiches gilt für den RE 9 (Siegen-Betzdorf-Köln/Aachen) in Regie der Deutschen Bahn AG. Otto Wunderlich (VCD/Wittgenstein) saß in so einem Zug mit Doppelstockwagen, „der war total untermotorisiert, musste in Köln zu lange warten, so dass wir mit 22 Minuten Verspätung in Siegen angekommen sind. Solche Verspätungen haben Einfluss auf alle weiteren Zugverbindungen der Region.“ Seine Forderungen sind klar formuliert: Der RE 9 müsse Vorrang erhalten vor den S-Bahnen im Kölner Raum, die noch existierenden Kriegsschäden an der Strecke müssten endlich beseitigt und eine volle Zweigleisigkeit hergestellt werden. Anschlusszüge nach Gießen und Bad Berleburg sind bei 22 Minuten Verzug natürlich längst weg. Wer nach Hilchenbach oder Erndtebrück weiterfahren muss, hat weitere 38 Minuten Wartezeit, „es gibt keine Alternative, die Rothaarbahn fährt nur jede Stunde einmal“, sagt Matthias Tuschhoff (VCD/Siegen). Als Berufspendler hat er 33 eigene HLB-Fahrten von Dahlbruch nach Weidenau statistisch ausgewertet. Ergebnis: Bei einkalkulierten vier Minuten Verspätung kam eine Pünktlichkeitsquote von nur rund 45 Prozent zustande, „das gilt als grottenschlecht“. Ja, 15 Prozent der Fahrten hatten elf Minuten Verzug, die Spanne ging hoch bis 22 Minuten zu spät. Achim Walder (VCD/Kreuztal) hat sich näher mit den aus Wittgenstein kommenden HLB-Zügen befasst und mit den Schulleitungen gesprochen. „In Stift Keppel sagte man mir, wegen der immer wieder vorkommenden Verspätungen seien Klassenarbeiten oder ein geregelter Unterricht in der ersten Stunde vielfach nicht möglich.“ Walder hat außerdem mit Unternehmen über die Zugproblematik gesprochen. „Eine Firma bietet ihren bahnfahrenden Mitarbeitern einen zinsgünstigen Kredit zum Kauf eines Autos an. So weit sind wir schon.“ Wer eine Stunde auf die nächste Rothaarbahn warten muss, hat ein Problem: „Bei Gleitzeit mag das so eben noch akzeptabel sein, aber was sagen die Chefs, deren Leute in feste Produktionsabläufe eingebunden sind?“ Matthias Tuschhoff kann kein rechtes Verständnis aufbringen für die Zugausfälle im eisigen Januar und darauf folgende Entschuldigungen der HLB: „Minus 20 Grad kann es bekanntlich in jedem Winter geben, das sollte ein Zug aushalten können.“ Ein weiteres Kuriosum haftet ausgefallenen Zügen an: „Die gelten in der Statistik als pünktlich“, sagt Walder. Ausgefallene oder verspätete Züge müssten frühzeitig über Internet gemeldet werden. Erst etwa acht Wochen nach Vorlage des Verspätungsformulars ersetze der ZWS die Kosten für die Mehrausgaben.  Auch wenn drei Leute gemeinsam mit einem Taxi heimfahren müssten, weil zum Beispiel der letzte Anschlusszug weg sei, dürfe jeder die 25 Euro beanspruchen. Im Übrigen, die Fahrgastverbände können nicht nachvollziehen, dass der ZWS Schülern und Pendlern wegen der HLB-Ausfälle Entschädigungen verweigerte. Walder: „Schade. Stattdessen werden Sonderzüge zum Karneval in Köln bestellt.“ Kleinere Verbesserungen wird es nach den Worten von Günter Linde geben. In Hilchenbach soll ab Mitte 2017 das gleichzeitige Einfahren von beiden Seiten möglich werden, und der Übergang in Aue, seit langer Zeit ein Übel, werde wohl gemacht. Das bringe zwei Minuten Entspannung auf der Strecke der Rothaarbahn. Michael Roth Laufschriftenanzeiger publik gemacht werden. Reservefahrzeuge sollten für solche Fälle bereit gehalten werden. In den Fahrplänen haben die Fahrgastverbände etliche kritische Übergänge gefunden. Triebwagenführer haben ihnen geflüstert, wo es hakt: Die Fahrzeiten sind zu eng gestrickt. Walder: „Wenn in Keppel 30 Schüler aussteigen, dauert das naturgemäß zwei Minuten länger als der Fahrplan erlaubt.“ Deshalb kurz und knackig die Forderung der ehrenamtlichen Expertenrunde: Ein unabhängiger Gutachter sollte die Durchbindung Betzdorf-Bad Berleburg auf Vor- und Nachteile untersuchen. Günter Linde: „Der Gutachter muss sagen, ob der Fahrplan überhaupt zu halten ist.“ Außerdem rät der VCD allen gestrandeten Fahrgästen, beim Zweckverband Personennahverkehr (ZWS) Regress geltend zu machen. Tagsüber bis 19 Uhr gibt es für mehr als 20 Minuten Verspätung 25 Euro, nach 19 Uhr können 50 Euro geltend gemacht werden. Walder: „Die Taxi-Quittungen dem ZWS vorlegen und acht Wochen warten, dann gibt es Geld.“ Auch wenn drei Leute gemeinsam mit einem Taxi heimfahren müssten, weil zum Beispiel der letzte Anschlusszug weg sei, dürfe jeder die 25 Euro beanspruchen. Im Übrigen, die Fahrgastverbände können nicht nachvollziehen, dass der ZWS Schülern und Pendlern wegen der HLB-Ausfälle Entschädigungen verweigerte. Walder: „Schade. Stattdessen werden Sonderzüge zum Karneval in Köln bestellt.“ Kleinere Verbesserungen wird es nach den Worten von Günter Linde geben. In Hilchenbach soll ab Mitte 2017 das gleichzeitige Einfahren von beiden Seiten möglich werden, und der Übergang in Aue, seit langer Zeit ein Übel, werde wohl gemacht. Das bringe zwei Minuten Entspannung auf der Strecke der Rothaarbahn. Michael Roth
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